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Gehaltsprognose 2020: So entwickeln sich die Einkommen

Kategorie: Gehaltsanalysen
30.01.2020
Gehaltsprognose 2020

Nach einem so turbulenten Jahr wie 2019 ist eine Gehaltsprognose für 2020 nicht einfach. Sich ausschließlich auf Gehaltsdaten zu verlassen ist nämlich nicht ausreichend genug, um die Lohnentwicklung exakt vorherzusagen. Aus diesem Grund betrachten wir auch andere Einflussfaktoren der deutschen Wirtschaft und wagen den Blick in die Zukunft. Als Grundlage dafür dienen uns 2,5 Millionen Vergütungsinformationen, die Entwicklung des Arbeitsmarktes, der Inflationsrate, des Bruttoinlandsproduktes sowie aktuell wirtschaftspolitisch relevante Geschehnisse.

Anmerkung vorab: Diese Gehaltsprognose berücksichtigt nicht die Auswirkungen der Corona-Pandemie, da sie Anfang des Jahres erstellt wurde und unsere Analys*innen von einem "regulärem" Verlauf ausgegangen sind. 

Zudem fallen unsere Messungen in der Regel volatiler aus als die, die vom Statistischen Bundesamt herausgegeben werden. Dies hat folgenden Hintergrund: Das Bundesamt erfasst Gehälter nur bis zur Sozialversicherungsgrenze – im Zuge unserer Untersuchung berücksichtigen wir allerdings die Daten auf dem gesamten Markt. Die Gehälter darüber steigen in Boomzeiten stärker und geben in Krisenzeiten deutlich mehr nach.

Nominallohn steigt um 2,9 Prozent

Bereits im Vorjahr gingen wir davon aus, dass sich die Konjunktur und damit auch die Gehälter nicht mehr so stark entwickeln werden wie in den 12 Monaten zuvor. Zu diesem Zeitpunkt gingen wir von einem Wachstum des Nominallohns von 2,9 Prozent für Fachkräfte und von 3,8 Prozent für Führungskräfte aus.

Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes betrug die Veränderung des Nominallohns im Vergleich zum Vorjahresquartal im ersten Quartal 2019 2,5 Prozent. Im zweiten Quartal lag sie bei drei Prozent und im dritten Quartal bei 3,9 Prozent. Die Daten für das vierte Quartal wurden noch nicht veröffentlicht. Im Schnitt liegen wir damit bei etwa 3,1 Prozent.

Für das Jahr 2020 erwarten wir laut unseren Berechnungen eine Steigerung des Nominallohns von 2,9 Prozent – diesmal für Fach- und Führungskräfte gleichermaßen. Das Wachstum lässt insgesamt jedoch nach.

Was am Ende als Reallohn übrigbleibt, zeigt uns erst die Inflationsrate. Diese gilt es im Folgenden kurz zu betrachten.

Inflationsrate steigt auf 1,4 Prozent

Die Inflationsentwicklung basiert auf dem Verbraucherpreisindex und gibt uns Aufschluss darüber, wie hoch der Reallohnzuwachs ausfällt. Im Jahr 2018 lag die Inflationsrate im Schnitt bei 1,8 Prozent, 2019 wird sie voraussichtlich 1,4 Prozent betragen. Im Dezember 2019 lag sie bei 1,5 Prozent. Damit ist sie leicht rückläufig. Das bedeutet, dass Preissteigerungen sehr moderat sind und Unternehmen sich mit ihren Angeboten zurückhalten, um weiterhin wettbewerbsfähig bleiben zu können.

Für die Lohnentwicklung bedeutet das wiederum, dass wir abzüglich der Inflationsrate (1,4 Prozent) im Jahr 2020 mit einem Wachstum des Reallohns von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr rechnen. Die Entwicklung ist damit etwas schwächer als im Jahr 2019, allerdings weiterhin stabil. Große Sprünge sind nicht zu erwarten, da Arbeitgeber sparsamer sind.

Entwicklung des BIP ist positiv

„Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) war im Jahr 2019 nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) um 0,6 % höher als im Vorjahr. Die deutsche Wirtschaft ist damit im zehnten Jahr in Folge gewachsen“, heißt es in der Pressemeldung des Statistischen Bundesamtes vom 16. Januar 2020. Allerdings geht das Wachstum seit 2017 sukzessiv zurück. Damit befindet sich die Bundesrepublik in einer Abschwungphase, deren Ende nicht in Sicht ist. Es ist das langsamste Wachstum seit 2012.

Preis- und kalenderbereinigtes Bruttoinlandsprodukt (BIP)

Jahr 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019
BIP -5,6 4 4 0,6 0,5 2,2 1,5 2,1 2,8 1,5 0,6

(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)

Quelle: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/01/PD20_018_811.html

Laut Schätzungen dürfte das BIP-Wachstum im Jahr 2020 bei einem leichten Plus von bis zu 1,0 Prozent liegen. Die Boomphase ist damit erst einmal vorüber. Doch ungewiss ist, ob die Prognose von Destatis zutrifft. Viele Wirtschaftsexperten rechnen mit deutlich weniger, einige reden über eine Rezessionsgefahr.

2019: knapp an der Rezession vorbei

Laut dem Statistischen Bundesamt „schrammt[e]“ Deutschland im vergangenen Jahr nur knapp an einer Rezession vorbei. Doch deren Eintritt ist unter Umständen nur eine Frage der Zeit, denn auch global stehen wir vielen Herausforderungen gegenüber:

Brexit zum 31. Januar 2020

Wir können nicht eindeutig vorhersagen, wie sich ein „Brexit“ auf die bundesdeutsche Wirtschaft auswirken kann. Dieser ist am 31. Januar geplant. Zwar soll es eine Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020 geben, in der Großbritannien im EU-Binnenmarkt und der Zollunion verbleibt, doch die ersten Anzeichen einer Verschlechterung werden jetzt schon sichtbar: „Unter Deutschlands wichtigsten Handelspartnern rangiert Großbritannien mittlerweile nur noch auf Platz fünf. Vor 2016 zählte es dagegen noch zusammen mit den USA und Frankreich zu den drei größten Partnern.“

Der Konflikt zwischen den USA und China

Die Situation zwischen den USA und China kommt nach vielen Querelen zwar wieder zur Ruhe und eine erste Vereinbarung im Handelsstreit wurde am 15. Januar unterzeichnetdoch von einer Lösung des Konflikts sind wir noch entfernt. Die größten Auswirkungen des Konfliktes haben wir auf dem Aktienmarkt ganz deutlich gesehen: Der DAX stürzte innerhalb eines Tages um drei Prozentpunkte ab. Für Anleger ist ein solch volatiler Markt alles andere als attraktiv. Hier bleibt zu hoffen, dass sich der Konflikt möglichst bald gänzlich entschärft.

Schwächelnde Automobilindustrie

Ein weiterer Faktor, der für Unsicherheit sorgt, ist die schwächelnde Automobilbranche. „Die Automobilindustrie ist die größte Branche des verarbeitenden Gewerbes und gemessen am Umsatz der mit Abstand bedeutendste Industriezweig in Deutschland“, so das Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Im direkten Zusammenhang zum Handelsstreit zwischen den USA und China steht die Entwicklung der Automobilindustrie. China galt aufgrund seines gigantischen Absatzmarktes lange als Erfolgsgarant. „Doch 2018 war plötzlich Schluss mit dem steilen Aufschwung in Fernost“, heißt es in einem Artikel vom Handelsblatt. Durch den Konflikt zwischen den USA und China gingen die Investitionen zurück und eine Unsicherheit machte sich breit, die sowohl Unternehmen wie auch Privatleute trafen.

Darüber hinaus bietet China selbst eigene Automobile an und es herrscht ein Technologiewettkampf um die Elektromobilität, den deutsche Hersteller verschlafen zu haben scheinen. Die nächste Generation wächst derzeit mitten in der globalen Debatte um den Klimawandel auf und ist stark inspiriert durch die „Fridays-for-Future“-Bewegung. In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden sie ihr Fortbewegungsmittel, mit dem sie zur Arbeit, in den Urlaub oder in die Universität fahren, vor diesem Hintergrund auswählen.

Nah-Ost-Konflikt beeinflusst Rohölpreis

Die angespannte Situation im Nahen Osten kann weiter eskalieren. Der Konflikt zwischen dem Iran und den USA beeinflusst den Ölpreis. Steigt dieser, wirkt es sich mittelfristig auf unsere Inflation aus. Denn sollten die Rohölpreise erneut ein hohes Niveau erreichen, werden früher oder später zum Beispiel unsere Benzin- und Heizkosten steigen, was unmittelbare Folgen für Inflationsentwicklung haben wird.

Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Deutschland

Was bedeutet eine solche Entwicklung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Bundesrepublik? Wie sieht die Entlohnung der Zukunft aus? Die bereinigte Erwerbslosenquote beträgt derzeit 3,1 Prozent. Immer mehr Menschen finden eine Anstellung und der Fachkräftemangel stellt für viele Unternehmen ein großes Problem dar. Doch was können Unternehmen machen, wenn große Lohnentwicklungen kaum möglich sind?

Grundsätzlich sollten Stellen markgerecht vergütet werden. Außertariflich organisierte Unternehmen sind gut beraten, ihre internen Vergütungsstrukturen auf den Prüfstand zu stellen. Der Markt ist dynamisch und Fachkräfte werden im ersten Schritt monetär getrieben, eine Stelle anzunehmen oder sie abzulehnen. Wer hier mithalten möchte, muss sich aktiv mit Vergütungsdaten beschäftigen.

Doch nicht-monetäre Leistungen geraten stärker in den Fokus: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stehen mittlerweile auch bei jüngeren Menschen immer mehr im Mittelpunkt. Auch die Absicherung im Alter oder Pflegefall stellt uns gesellschaftspolitisch vor große Herausforderungen –hier können Unternehmen ihren Beitrag leisten. Arbeitnehmer von morgen werden vermehrt auf das Verantwortungsbewusstsein eines Betriebes gegenüber Umwelt, Klima und Natur blicken. War Corporate Social Responsibility noch vor zehn Jahren meistens für global agierende Konzerne ein Thema, wird sie heutzutage auch für kleine und mittelständische Betriebe zur Aufgabe.

Wer im Ringen um Fachkräfte die Nase vorne haben möchte, muss sich mit diesen Themen beschäftigen und sie gezielt in sein Employer Branding einbeziehen.

Autor: Artur Jagiello

Hamburg, 29. Januar 2020

Anmerkung: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Pressemitteilung die gewohnte männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.

Benutzte Quellen

Blume, Jakob; Cünnen, Andrea; Rezmer, Anke; Wiebe, Frank. Handelsblatt: „Schwankungen an den Aktienmärkten – Investoren fürchten eine Rezession“. https://www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/volatilitaetsindizes-schwankungen-an-den-aktienmaerkten-investoren-fuerchten-eine-rezession/24875056.html. (Zugriff: 29.01.2020).

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: „Automobilindustrie“. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Textsammlungen/Branchenfokus/Industrie/branchenfokus-automobilindustrie.html. (Zugriff: 29.01.2020).

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: „Wirtschaftliche Entwicklung und Konjunktur“. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/wirtschaftliche-entwicklung.html. (Zugriff: 21.01.2020).

Compensation Partner: „Gehaltsprognose 2019: schwächeres Wachstum als im Vorjahr“ https://www.compensation-partner.de/de/news-und-presse/gehaltsprognose-2019.(Zugriff: 29.01.2020).

Dörnfelder, Andreas, Orange / Handelsblatt: "Warum jetzt alle von der Krise der Autoindustrie reden". https://orange.handelsblatt.com/artikel/53859. (Zugriff: 29.01.2020).

Eckert, Daniel & Zschäpitz, Holger, DIE WELT: „Wir steuern mit Tempo auf eine Rezession zu“ vom 24.09.2019. https://www.welt.de/wirtschaft/article200862936/Deutsche-Wirtschaft-Oekonomen-schreiben-das-Jahr-2020-schon-ab.html. (Zugriff: 29.01.2020).

Gammelin, Cerstin / Hagelüken, Alexander / Hulverscheidt, Claus. Süddeutsche Zeitung: "Ein erster Schritt hin zur Normalität" vom 15.01.2020. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/handelsabkommen-china-usa-1.4757980. (Zugriff: 28.01.2020).

Hagelüken, Alexander. Süddeutsche Zeitung: „Deutschland schrammt an einer Rezession vorbei“ vom 14.11.2019. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deutschland-bip-rezession-1.4681466. (Zugriff: 29.01.2020).

Kreder, Christiane. Capital: „So macht sich der Brexit jetzt schon in Deutschland bemerkbar“ vom 28.10.2019. https://www.capital.de/wirtschaft-politik/das-sind-die-brexit-folgen-in-deutschland. (Zugriff: 21.01.2020).

Statistisches Bundesamt (Destatis), Pressemitteilung Nr. 018 vom 15. Januar. „Deutsche Wirtschaft ist im Jahr 2019 um 0,6 % gewachsen“. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/01/PD20_018_811.html. (Zugriff: 29.01.2020).

Statistisches Bundesamt (Destatis), Pressemitteilung Nr. 002 vom 3. Januar 2020. „November 2019: 0,7 % mehr Erwerbstätige als im Vorjahresmonat“. https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2018/12/PD18_518_611.html. (Zugriff: 29.01.2020).

Statistisches Bundesamt (Destatis): „Verbraucherpreisindex“. https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/_inhalt.html. (Zugriff: 29.01.2020).

Statistisches Bundesamt (Destatis): „Reallöhne und Nettoverdienste. Die Entwicklung der Nominallöhne nach verschiedenen Gliederungsarten, Veränderung in %“ https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Realloehne-Nettoverdienste/Tabellen/nominalloehne.html. (Zugriff: 29.01.2020).

ZEIT ONLINE, dpa, hoe. „China und USA wollen erstes Handelsabkommen unterzeichnen“ vom 15.01.2020. https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-01/usa-china-handelsabkommen. (Zugriff: 29.01.2020).

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