Pünktlich zum Equal Pay Day 2019 sollten Arbeitgeber ihre Vergütungsstrukturen hinterfragen, denn spätestens seit der Einführung des Entgelttransparenzgesetzes werden sie auch rechtlich damit konfrontiert. Knapp ein Jahr ist es her, dass Beschäftigten das Recht auf einen Gehaltsvergleich zugesprochen wurde. Wir stellen die Frage: Wie wird das Gesetz auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite wahrgenommen?
In Kooperation mit der Vergleichsplattform GEHALT.de haben wir 716 Beschäftigte und 94 Unternehmen zu ihrer Meinung und ihren Erfahrungen mit dem Entgelttransparenzgesetz befragt. Die wichtigsten Ergebnisse stellen wir in diesem Beitrag vor.
47 Prozent der Beschäftigten fühlen sich nicht angemessen entlohnt – unter den Frauen beklagen dies sogar 58 Prozent. Diese Unzufriedenheit ist in den meisten Fällen (39 Prozent) begründet durch eine fehlende leistungsgerechte Vergütung aufgrund von unbezahlten Überstunden, viel Verantwortung und zu wenig Wertschätzung.
Zudem haben 33 Prozent der Angestellten die Vermutung, dass ihre Kolleginnen und Kollegen für die gleiche Leistung ein höheres Gehalt beziehen. 19 Prozent sind der Meinung, dass im Hinblick auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu selten Gehaltsanpassungen vorgenommen werden.
Fühlen Sie sich grundsätzlich unfair bezahlt? | Arbeitnehmer |
Frauen | 58% |
Männer | 40% |
Warum fühlen Sie sich unfair bezahlt? | Arbeitnehmer |
Andere in meinem Unternehmen bekommen für die gleiche Leistung und gleiche Arbeit mehr Geld. | 33% |
Mein Unternehmen wirtschaftet sehr erfolgreich, Gehaltssteigerungen bleiben dennoch aus. | 19% |
Keine leistungsgerechte Vergütung (unbezahlte Überstunden, viel Verantwortung, wenig Wertschätzung). | 39% |
Und obwohl fast die Hälfte unzufrieden mit ihrem Einkommen ist, haben nur sieben Prozent einen Antrag eingereicht. Doch warum zögern Beschäftigte davor, ihr Recht in Anspruch zu nehmen? Hier ist das Ergebnis eindeutig: 42 Prozent trauen sich nicht einen Antrag zu stellen. Auch 33 Prozent der Arbeitgeber sehen hier das Problem.
Bei vielen Beschäftigten besteht Interesse an einem Gehaltsvergleich, jedoch fürchten sie eine Verschlechterung des Arbeitsverhältnisses zu ihrem Arbeitgeber oder den daraus resultierenden Arbeitsaufwand. Tim Böger, Geschäftsführer von Compensation Partner
Fast 30 Prozent gaben an, die Gehälter ihrer Kolleginnen und Kollegen ohnehin zu kennen.
80 Prozent aller Befragten sind mit der Durchführung des Gesetzes nicht einverstanden. Doch wo liegen die Gründe? Bei 28 Prozent kam der Vergleich nicht zustande, da in ihrem Fall ähnliche Vergleichswerte fehlten. Bei 20 Prozent fand anschließend keine angemessene Gehaltsanpassung statt und bei 16 Prozent wurden nicht die richtigen Stellenprofile verglichen.
Warum waren Sie mit dem Ergebnis unzufrieden? | Arbeitnehmer |
Vergleich kam nicht zustande, weil ähnliche Vergleichswerte fehlen | 28% |
Mein Gehalt wird nicht angepasst | 20% |
Es wurde ein völlig anderes Stellenprofil verglichen als von mir genannt | 16% |
Ich stehe jetzt in einem schlechten Licht | 16% |
Sonstiges | 20% |
Das Gesetz soll für mehr Lohngerechtigkeit in Deutschland sorgen und somit auch die Entgeltlücke zwischen den Einkommen von Frauen und Männern verringern. Darüber, ob der Beschluss diesbezüglich Erfolg haben wird, sind sich 54 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unsicher.
Unter den Arbeitgebern ist die Stimmung deutlich pessimistischer: 72 Prozent glauben nicht, dass das Gesetz Wirkung zeigen wird. Rund ein Viertel der Unternehmen und sogar 51 Prozent der Beschäftigten bemängeln in diesem Zusammenhang die fehlenden rechtlichen Konsequenzen. Ihrer Meinung nach bleibe das Gesetz aufgrund dessen unwirksam.
Hilft das Entgelttransparenzgesetz Ihrer Meinung nach, die Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? |
Arbeitnehmer | Arbeitgeber |
Ja | 10% | 6% |
Nein | 32% | 72% |
Weiß ich nicht / Wird sich zeigen | 53% | 22% |
Sicher ist jedoch, dass Unternehmen langfristig für faire Vergütungsstrukturen Sorge tragen müssen, um Beschäftigte halten zu können. Arbeitgeber, die sich dem Thema annehmen, verschaffen sich so einen Marktvorteil und liegen vor allem bei der Rekrutierung von Beschäftigten klar im Vorteil. Besonders im Hinblick auf den aktuellen Fachkräftemangel ist das wichtiger denn je.
Laut unserer Umfrage setzen 67 Prozent der Unternehmen ein Arbeitsbewertungsverfahren bzw. eine Stellenbewertung ein. Zudem müssen Firmen, die über 500 Angestellte beschäftigten, einen Bericht vorlegen – rund ein Viertel (27 Prozent) kommen dieser Forderung bisher nicht nach.
Compensation Partner hat für das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) das Online Portal „Monitor Entgelttransparenz“ erstellt.
Das Programm ermöglicht die komfortable Erstellung des im Gesetz geforderten Berichts, mit dem Unternehmen ab 500 Beschäftigten über ihre Vergütungspraxis Auskunft geben. Die Software führt Sie durch alle relevanten Fragen, um einen vollständigen Bericht abzugeben.
Die Vergütungsberatung Compensation Partner hat 716 Beschäftigte sowie 94 Unternehmen vom 21. Februar bis zum 4. März 2019 bezüglich des Entgelttransparenzgesetzes befragt. Unter den Beschäftigten sind 35 Prozent weiblich und 65 Prozent männlich.
Zudem ist der Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (36 Prozent) zwischen 41 und 50 Jahre alt. 66 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind außerdem in einem Betrieb mit mindestens 200 Mitarbeitern angestellt. Die Umfrage ist nicht repräsentativ und es waren Mehrfachantworten möglich.
Haben Sie vom Entgelttransparenzgesetz gehört? | Arbeitnehmer |
Ja | 72% |
Nein | 25% |
Ich weiß nicht genau | 3% |
Werden Sie von Ihrem neuen Recht Gebrauch machen? | Arbeitnehmer |
Ja | 22% |
Nein | 23% |
Vielleicht | 55% |
Was spricht bzw. würde dagegen sprechen? | Arbeitnehmer |
Ich traue mich nicht | 42% |
Ich kenne die Gehälter meiner Kollegen | 29% |
Ich habe keine Lust auf Papierkram | 13% |
Kein Interesse | 17% |
Haben Sie bereits einen Gehaltsvergleich in Ihrem Betrieb angefordert? | Arbeitnehmer |
Ja | 7% |
Nein | 82% |
Betrifft mich nicht (Tarif, öffentlicher Dienst etc.) | 12% |
Wenn ja, waren Sie mit dem Ergebnis zufrieden? | Arbeitnehmer |
Ja | 22% |
Nein | 78% |
Warum waren Sie mit dem Ergebnis unzufrieden? | Arbeitnehmer |
Vergleich kam nicht zustande, weil ähnliche Vergleichswerte fehlen | 28% |
Mein Gehalt wird nicht angepasst | 20% |
Es wurde ein völlig anderes Stellenprofil verglichen als von mir genannt | 16% |
Ich stehe jetzt in einem schlechten Licht | 16% |
Sonstiges | 20% |
Wurden Sie von Ihrem Arbeitgeber über das neue Gesetz aufgeklärt? | Arbeitnehmer |
Ja | 9% |
Nein | 91% |
Wie viel Prozent ihrer Angestellten haben seit Januar 2018 einen individuellen Auskunftsersuch bei Ihnen eingereicht? |
Arbeitgeber |
Es gab noch keine Auskunftsersuche | 75% |
1% bis 5% | 25% |
6% bis 10% | 0% |
11% bis 20% | 0% |
21% bis 30% | 0% |
Über 30% | 0% |
Haben Sie Ihre Angestellten über das neue Gesetz informiert? | Arbeitgeber |
Ja | 46% |
Nein | 51% |
Ist in Planung | 3% |
Ich habe meine Angestellten über folgende Medien über das Gesetz informiert bzw. werde sie folgendermaßen informieren … |
Arbeitgeber |
Broschüren und Aushänge | 29% |
Intranet | 29% |
Rundmail | 21% |
Über Abteilungsleiter | 18% |
Veranstaltung | 3% |
Sonstige | 18% |
Ist Ihnen bekannt, wie Sie Stellen miteinander vergleichen können? | Arbeitgeber |
Ja | 86% |
Nein | 14% |
Setzen Sie ein System zur Stellenbewertung oder ein Arbeitsbewertungsverfahren ein? |
Arbeitgeber |
Ja | 67% |
Nein | 33% |
Kennen Sie den Monitor Entgelttransparenz der Bundesregierung? | Arbeitgeber |
Ja | 24% |
Nein | 67% |
Weiß nicht | 9% |