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Umfrage: Erste Bilanz nach einem Jahr Entgelttransparenzgesetz

Kategorie: Entgelttransparenz
18.03.2019
Ein Jahr Entgelttransparenzgesetz

Pünktlich zum Equal Pay Day 2019 sollten Arbeitgeber ihre Vergütungsstrukturen hinterfragen, denn spätestens seit der Einführung des Entgelttransparenzgesetzes werden sie auch rechtlich damit konfrontiert. Knapp ein Jahr ist es her, dass Beschäftigten das Recht auf einen Gehaltsvergleich zugesprochen wurde. Wir stellen die Frage: Wie wird das Gesetz auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite wahrgenommen?

In Kooperation mit der Vergleichsplattform GEHALT.de haben wir 716 Beschäftigte und 94 Unternehmen zu ihrer Meinung und ihren Erfahrungen mit dem Entgelttransparenzgesetz befragt. Die wichtigsten Ergebnisse stellen wir in diesem Beitrag vor.

Fast die Hälfte der Beschäftigten fühlt sich unfair bezahlt

47 Prozent der Beschäftigten fühlen sich nicht angemessen entlohnt – unter den Frauen beklagen dies sogar 58 Prozent. Diese Unzufriedenheit ist in den meisten Fällen (39 Prozent) begründet durch eine fehlende leistungsgerechte Vergütung aufgrund von unbezahlten Überstunden, viel Verantwortung und zu wenig Wertschätzung.

Zudem haben 33 Prozent der Angestellten die Vermutung, dass ihre Kolleginnen und Kollegen für die gleiche Leistung ein höheres Gehalt beziehen. 19 Prozent sind der Meinung, dass im Hinblick auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu selten Gehaltsanpassungen vorgenommen werden.

Fühlen Sie sich grundsätzlich unfair bezahlt?  Arbeitnehmer
Frauen  58%
Männer  40%
Warum fühlen Sie sich unfair bezahlt? Arbeitnehmer
Andere in meinem Unternehmen bekommen für die gleiche Leistung und gleiche Arbeit mehr Geld. 33%
Mein Unternehmen wirtschaftet sehr erfolgreich, Gehaltssteigerungen bleiben dennoch aus. 19%
Keine leistungsgerechte Vergütung (unbezahlte Überstunden, viel Verantwortung, wenig Wertschätzung). 39%

Kaum jemand macht den Gehaltsvergleich

Und obwohl fast die Hälfte unzufrieden mit ihrem Einkommen ist, haben nur sieben Prozent einen Antrag eingereicht. Doch warum zögern Beschäftigte davor, ihr Recht in Anspruch zu nehmen? Hier ist das Ergebnis eindeutig: 42 Prozent trauen sich nicht einen Antrag zu stellen. Auch 33 Prozent der Arbeitgeber sehen hier das Problem.

Bei vielen Beschäftigten besteht Interesse an einem Gehaltsvergleich, jedoch fürchten sie eine Verschlechterung des Arbeitsverhältnisses zu ihrem Arbeitgeber oder den daraus resultierenden Arbeitsaufwand. Tim Böger, Geschäftsführer von Compensation Partner

Fast 30 Prozent gaben an, die Gehälter ihrer Kolleginnen und Kollegen ohnehin zu kennen.

Sind Beschäftigte mit der Anwendung zufrieden?

80 Prozent aller Befragten sind mit der Durchführung des Gesetzes nicht einverstanden. Doch wo liegen die Gründe? Bei 28 Prozent kam der Vergleich nicht zustande, da in ihrem Fall ähnliche Vergleichswerte fehlten. Bei 20 Prozent fand anschließend keine angemessene Gehaltsanpassung statt und bei 16 Prozent wurden nicht die richtigen Stellenprofile verglichen.

Warum waren Sie mit dem Ergebnis unzufrieden? Arbeitnehmer
Vergleich kam nicht zustande, weil ähnliche Vergleichswerte fehlen 28%
Mein Gehalt wird nicht angepasst 20%
Es wurde ein völlig anderes Stellenprofil verglichen als von mir genannt 16%
Ich stehe jetzt in einem schlechten Licht 16%
Sonstiges 20%

Wird das Gesetz Erfolg haben?

Das Gesetz soll für mehr Lohngerechtigkeit in Deutschland sorgen und somit auch die Entgeltlücke zwischen den Einkommen von Frauen und Männern verringern. Darüber, ob der Beschluss diesbezüglich Erfolg haben wird, sind sich 54 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unsicher.

Unter den Arbeitgebern ist die Stimmung deutlich pessimistischer: 72 Prozent glauben nicht, dass das Gesetz Wirkung zeigen wird. Rund ein Viertel der Unternehmen und sogar 51 Prozent der Beschäftigten bemängeln in diesem Zusammenhang die fehlenden rechtlichen Konsequenzen. Ihrer Meinung nach bleibe das Gesetz aufgrund dessen unwirksam.

Hilft das Entgelttransparenzgesetz Ihrer Meinung nach,
die Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? 
Arbeitnehmer Arbeitgeber
Ja 10% 6%
Nein 32% 72%
Weiß ich nicht / Wird sich zeigen 53% 22%

Unternehmen profitieren von fairen Vergütungsstrukturen

Sicher ist jedoch, dass Unternehmen langfristig für faire Vergütungsstrukturen Sorge tragen müssen, um Beschäftigte halten zu können.  Arbeitgeber, die sich dem Thema annehmen, verschaffen sich so einen Marktvorteil und liegen vor allem bei der Rekrutierung von Beschäftigten klar im Vorteil. Besonders im Hinblick auf den aktuellen Fachkräftemangel ist das wichtiger denn je.

Laut unserer Umfrage setzen 67 Prozent der Unternehmen ein Arbeitsbewertungsverfahren bzw. eine Stellenbewertung ein. Zudem müssen Firmen, die über 500 Angestellte beschäftigten, einen Bericht vorlegen – rund ein Viertel (27 Prozent) kommen dieser Forderung bisher nicht nach.

Wissen Sie, wie Sie Ihrer Berichtspflicht im Zuge des Gesetzes nachkommen können

Compensation Partner hat für das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) das Online Portal „Monitor Entgelttransparenz“ erstellt.

Das Programm ermöglicht die komfortable Erstellung des im Gesetz geforderten Berichts, mit dem Unternehmen ab 500 Beschäftigten über ihre Vergütungspraxis Auskunft geben. Die Software führt Sie durch alle relevanten Fragen, um einen vollständigen Bericht abzugeben.

Wer hat an der Umfrage teilgenommen?

Die Vergütungsberatung Compensation Partner hat 716 Beschäftigte sowie 94 Unternehmen vom 21. Februar bis zum 4. März 2019 bezüglich des Entgelttransparenzgesetzes befragt. Unter den Beschäftigten sind 35 Prozent weiblich und 65 Prozent männlich.

Zudem ist der Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (36 Prozent) zwischen 41 und 50 Jahre alt. 66 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind außerdem in einem Betrieb mit mindestens 200 Mitarbeitern angestellt. Die Umfrage ist nicht repräsentativ und es waren Mehrfachantworten möglich.

Alle weiteren Ergebnisse der Umfrage

Haben Sie vom Entgelttransparenzgesetz gehört? Arbeitnehmer
Ja 72%
Nein 25%
Ich weiß nicht genau 3%
Werden Sie von Ihrem neuen Recht Gebrauch machen? Arbeitnehmer
Ja 22%
Nein 23%
Vielleicht 55%
Was spricht bzw. würde dagegen sprechen? Arbeitnehmer
Ich traue mich nicht 42%
Ich kenne die Gehälter meiner Kollegen 29%
Ich habe keine Lust auf Papierkram 13%
Kein Interesse 17%
Haben Sie bereits einen Gehaltsvergleich in Ihrem Betrieb angefordert? Arbeitnehmer
Ja 7%
Nein 82%
Betrifft mich nicht (Tarif, öffentlicher Dienst etc.) 12%
Wenn ja, waren Sie mit dem Ergebnis zufrieden? Arbeitnehmer
Ja 22%
Nein 78%
Warum waren Sie mit dem Ergebnis unzufrieden? Arbeitnehmer
Vergleich kam nicht zustande, weil ähnliche Vergleichswerte fehlen 28%
Mein Gehalt wird nicht angepasst 20%
Es wurde ein völlig anderes Stellenprofil verglichen als von mir genannt 16%
Ich stehe jetzt in einem schlechten Licht 16%
Sonstiges 20%
Wurden Sie von Ihrem Arbeitgeber über das neue Gesetz aufgeklärt? Arbeitnehmer
Ja 9%
Nein 91%
Wie viel Prozent ihrer Angestellten haben seit Januar 2018
einen individuellen Auskunftsersuch bei Ihnen eingereicht?
Arbeitgeber
Es gab noch keine Auskunftsersuche 75%
1% bis 5% 25%
6% bis 10% 0%
11% bis 20% 0%
21% bis 30% 0%
Über 30% 0%
Haben Sie Ihre Angestellten über das neue Gesetz informiert? Arbeitgeber
Ja 46%
Nein 51%
Ist in Planung 3%
Ich habe meine Angestellten über folgende Medien über das Gesetz
informiert bzw. werde sie folgendermaßen informieren …
Arbeitgeber
Broschüren und Aushänge 29%
Intranet 29%
Rundmail 21%
Über Abteilungsleiter 18%
Veranstaltung 3%
Sonstige 18%
Ist Ihnen bekannt, wie Sie Stellen miteinander vergleichen können? Arbeitgeber
Ja 86%
Nein 14%
Setzen Sie ein System zur Stellenbewertung
oder ein Arbeitsbewertungsverfahren ein?
Arbeitgeber
Ja 67%
Nein 33%
Kennen Sie den Monitor Entgelttransparenz der Bundesregierung? Arbeitgeber
Ja 24%
Nein 67%
Weiß nicht 9%
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